Was allgemein unter Frauenliteratur verstanden wird, ist ein gattungs- und epochenübergreifendes Genre, das in keinen genau definierten Rahmen passt. Dieses umfasst feministische Literatur ebenso wie Literatur, die von Frauen für Frauen geschrieben wird und sich hauptsächlich mit der weiblichen Perspektive auf bestimmte Ereignisse befasst. Heute wird der Begriff allerdings oft abwertend verwendet, was vor allem damit zu tun hat, dass literarische Unterhaltungsformen wie der Liebes- und der Trivialroman im 20. Jahrhundert ihre Sternstunde feierten. Doch die eigentlichen Ursprünge des weiblichen literarischen Schaffens liegen viel weiter zurück: Man denke an Sappho oder an Christine de Pizan. Später waren es Schriftstellerinnen wie Charlotte Brontë, Jane Austen, George Sand und Virginia Woolf, die einen bleibenden Eindruck hinterließen und die Literaturwelt nachhaltig prägten.
Frauen in der Literatur: Was macht sie so besonders?
Über Jahrhunderte hinweg wurde das literarische Schaffen von Frauen weitgehend ignoriert und bisweilen sogar als wertlos abgetan. Einen Meilenstein in der Geschichte der Frauenliteratur stellt Mary Wollstonecrafts Schrift “Verteidigung der Rechte der Frau” aus dem Jahr 1792 dar. Das Werk der britischen Schriftstellerin ebnete den Weg für das Erscheinen anderer von Frauen geschriebener Bücher und entfachte erstmals eine heftige Diskussion um die Position der Frau in Gesellschaft und Kunst. Hierzulande knüpften Schriftstellerinnen wie Fanny Lewald und Louise Otto-Peters im Rahmen des Jungen Deutschland und des Vormärz an Wollstonecrafts Werke an. Auch anderswo wurden Frauen in der Literatur ab Mitte des 19. Jahrhunderts besonders aktiv. In Russland rückten die Dichterinnen des Silbernen Zeitalters − Anna Achmatowa, Marina Tsvetaeva und Teffi − in das literarische Rampenlicht.
Chick Lit und Thriller: Weibliches Schreiben im ausgehenden 20. Jahrhundert
Obwohl feministische Literatur als Nische stets erhalten blieb, setzte sich Mitte der 1990er-Jahre ein neuer Typus durch. “Bridget Jones − Schokolade zum Frühstück” der britischen Autorin Helen Fielding ebnete den Weg für die sogenannte Chick Lit. Unter dieser Bezeichnung versteht man eine belletristische Gattung, zu der romantische Romane mit einer frechen Note gehören. Chick Lit stellte eine Zäsur in der Entwicklung der weiblichen Literatur dar, denn die Werke von Autorinnen wie Helen Fielding, Marian Keyes oder Sophie Kinsella haben mit der klassischen feministischen Literatur nur sehr wenig gemein. Doch gibt es auch andere weibliche Stimmen, die Literatur von Frauen zu einem dynamischen und ernsten Genre machen. Dazu gehören beispielsweise die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die mit ihrem 1983 erschienenen Roman “Die Klavierspielerin” für Furore sorgte, sowie Charlotte Roche, deren Roman “Feuchtgebiete” es auf Platz eins der internationalen Bestsellerliste schaffte.
Frauenliteratur Bestseller: Welche Bücher dürfen in keiner Sammlung fehlen?
- “Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim”: Sophie von La Roches Roman wird allgem ein als der erste von einer Frau geschriebene Roman in deutscher Sprache erachtet. Er wurde 1771 verfasst und soll Goethe als Vorbild für seinen “Werther” gedient haben.
- “Das andere Geschlecht”: Mit diesem wissenschaftlichen Werk legte Simone de Beauvoir 1949 den Grundstein für die spätere Frauen- und Geschlechterforschung. De Beauvoirs Werk erschien zwischen zwei Wellen des Feminismus und gilt bis heute als eine der bedeutendsten Schriften der feministischen Literatur.
- “Orlando”: Im 16. Jahrhundert fällt der junge Adlige Orlando in einen tiefen Schlaf, aus dem er als Frau erwacht. Orlando erlebt jede nachfolgende Epoche als Frau und erfährt so die tiefgreifenden Probleme, mit denen sich Frauen in der Gesellschaft konfrontiert sehen, am eigenen Leib. 1992 wurde der Roman mit Tilda Swinton in der Hauptrolle verfilmt.
- “Die Glasglocke”: Voller böser Vorahnung ist dieser Roman, nahm sich seine Verfasserin Sylvia Plath doch lediglich vier Wochen nach seinem Erscheinen das Leben. Plath wurde postum zu einer Ikone der Frauenbewegung, und ihr einziger Roman schaffte es auf die Lektüreliste sämtlicher Universitäten und Hochschulen.
- “Stolz und Vorurteil”: Mit ihrem einzigartigen Sinn für trockenen Humor machte sich die Schriftstellerin Jane Austen in der Regency-Ära über die britische Gesellschaft lustig. Obwohl ihr Roman lange Zeit verächtlich als Trivialliteratur abgetan wurde, ist er heute aktueller denn je.