Hanya Yanagihara - Das Volk der Bäume

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Liebling ❤: Hanya Yanagihara - Das Volk der Bäume

Zusammenfassung

Schon immer hat der Mensch danach gestrebt, neue Lebensräume zu entdecken, für sich zu erobern und am besten noch Profit daraus zu schlagen. Genau davon erzählt Hanya Yanagihara in ihrem 2013er Debütroman "Das Volk der Bäume". Die Geschichte handelt nicht nur von der Entdeckung und des Untergangs eines fiktiven südpazifischen Volksstammes, sondern auch von den allertiefsten menschlichen Abgründen.

Der Mediziner Norton Perina reist im Rahmen einer Studienexpedition nach Ivu’ivu, einer noch nicht erforschten mikronesischen Insel im Südpazifik. Die Ureinwohner dort, so heißt es, würden ein für Menschen ungewöhnlich langes Leben führen - und die Forscher:innen wollen herausfinden, was wirklich hinter der Unsterblichkeit steckt. Dabei stoßen sie schon bald auf medizinische Erkenntnisse, die Perina den Nobelpreis, der Insel und ihrem Volk jedoch Ausbeutung, Zerstörung und einen tragischen Untergang bescheren.

Buch von Hanya Yanagihara - Volk der Bäume

Unsere Rezension "Das Volk der Bäume"

"Das Volk der Bäume" ist ein Buch wie kein anderes. Das beginnt schon mit der ungewöhnlichen Erzählweise, welche Yanagihara wählt, um die Geschichte von Norton Perina zu erzählen: Es handelt sich um die Aufzeichnungen von Perinas Assistent, der selbst sozusagen eine Geschichte in der Geschichte schreibt, aus subjektiver Sicht seines Kollegen. Klingt erst einmal kompliziert, verleiht dem Ganzen jedoch die nötige Distanz, um auch Tabuthemen wie Pädophilie auf den erzählerischen Tisch zu bringen.

Im Forschungsrausch des Unentdeckten

Stets hat man das Gefühl, in einer Art wissenschaftlichen Tagebuch der Expedition zu lesen, welches untermalt ist mit (fiktiven) akademischen Erläuterungen und Randbemerkungen über die Insel und ihre Bewohner:innen. So macht es Yanagihara uns wirklich schwer, im Kopf zu behalten, dass alles, was wir gerade lesen, nicht der Realität entspricht - so gut sind die theoretischen Fakten ausgearbeitet. Selbst ein Vokabelglossar der erfundenen Sprache der Ivu’ivu findet man im Anhang. Teilweise können die doch ziemlich ausufernden Fußnoten den Lesefluss etwas stören, da sie allerdings nicht zwangsläufig handlungsrelevant sind, kann man sie tatsächlich auch einfach überspringen

Genie oder Monster?

Da bereits im Klappentext angedeutet, ist es nicht zu viel verraten, wenn wir auch den weiteren Verlauf der Geschichte beleuchten: Norton Perina entdeckt auf der Insel nicht nur bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch seine mehr als zweifelhafte Liebe zu Kindern. Der zweite Teil des Romans handelt also nicht nur vom Zerfall der Insel Ivu’ivu, sondern auch vom dunklen Teil Perinas - seinem Leben mit den zahlreichen Adoptivkindern, die er von der Insel rettete. Vorbild für Yanagiharas Antiheld war tatsächlich der amerikanische Nobelpreisträger Daniel Gajdusek, der akademischen Weltruhm mit seinen Entdeckungen erlangte, am Ende seines Lebens jedoch zu einer Gefängnisstrafe wegen Pädophilie verurteilt wurde. Auch hier liegt dem Buch eine extreme Spannung inne, da die Leser:innen bis zum Schluss im Ahnungslosen bezüglich Perinas Unschuld gehalten werden.

Fazit: Hanya Yanagihara versteht es wie keine Zweite, ihre Leser:innen in die Untiefen der menschlichen Abgründe zu führen. Von der ersten Seite an wird man förmlich in die Dschungelwelt von Ivu’ivu hinein gesogen und hat kaum eine Chance, sich den Geheimnissen der Insel zu entziehen. Das Buch lässt einen gleichzeitig fasziniert, aber auch absolut fassungslos zurück - vor allem, da der heftigste Twist erst auf den letzten Seiten lauert.

Hanya Yanagihara: Worte zur Autorin

Die amerikanische Autorin und Journalistin Hanya Yanagihara wurde 1975 in Los Angeles geboren und wuchs in Hawai’i auf. Nach ihrem College-Abschluss arbeitete sie zunächst als Redakteurin für ein Reisemagazin und anschließend als Herausgeberin des New York Times Beihefts "The New York Times Style Magazine". "Das Volk der Bäume" (Original: "The People in the Trees") erschien in den USA bereits 2013, wurde allerdings erst ins Deutsche übersetzt, nachdem Yanagihara mit ihrem zweiten Roman “Ein wenig Leben” (2015, übersetzt 2017) hierzulande einen riesigen Erfolg feierte. "Ein wenig Leben" wird laut NDR als "eines der bestverkauften und meistdiskutierten literarischen Werke der vergangenen Jahre" bezeichnet und schaffte es auf die Shortlisten einiger Buchpreise. Ihr neuer Roman "Zum Paradies" erschien in Deutschland am Anfang des Jahres 2022.


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